Feuchtwanger, Sigbert (Rechtsanwalt;
Soziologe)
*
2.12.1886 München +
V: Bankier
abs.
1905
Brüder am WG: Iganz (Ivo), abs. 1903, s.d.
Leo, abs. 1912, s.d.
Theodor (1. 1899/00 – 6. 1804/05)
Sohn am WG: Walter (1. 1926/27 – 7. 1932/33)
(JB WG)
Dr.
Sigbert Aharon Meir Feuchtwanger, Rechtsanwalt in München, geboren am 2.12.1886
in München. Eltern: Angelo Asher Feuchtwanger und Friederike, geb. Spitzer.
Verheiratet mit Rebecca (Rivna), geb. Gluskinos; 1 Sohn (Walter, * 9.7.1916; Schüler des WG 1.
1926/27 – 7. 1932/33). Sigbert Feuchtwanger starb am
5.4.1956 in Tel-Aviv, Israel.
(https://www.geni.com/people/Dr-Sigbert-Aharon-Meir-Feuchtwanger/6000000002764953495)
Verwandt
mit Eli Straus, in Kanzleigemeinschaft mit ihm und sein Nachfolger im Vorstand
der Jüdischen Gemeinde war Dr. Sigbert Feuchtwanger. Er entstammte der
bekannten Familie, aus der neben begabten Bankiers auch der Schriftsteller Lion
Feuchtwanger und der Polihister Dr. Ludwig Feuchtwanger hervorgegangen
sind. Sein Interesse galt von je
wissenschaftlichen Fragen. Dafür zeugen neben vielen Aufsätzen die Werke
"Staatliche Submissionspolitik in Bayern" (1910), "Die
Judenfrage als wissenschaftliches und politisches Problem" (1916),
"Die freien Berufe, im besonderen die Anwaltschaft. Versuch einer
Kulturwirtschaftslehre" (1922). In seiner stillen aristokratischen Art
gehörte er zu den angesehensten Anwälten Münchens, den gerade rechtsstehende
Kreise als ihren Vertreter in die Anwaltskammer wählte, ihn den Juden und
Zionisten. Er hat als 2.Vorsitzender der Gemeinde die schweren Tage des
Niedergangs der deutschen Juden mitgemacht und seinen Standpunkt mit Würde und
Ritterlichkeit vertreten. Spät kam er nach Israel. Dem dort schnell
aufblühenden Bankinstitut seiner Familie (J. L. Feuchtwanger, gegründet München
1857) gehörte er als Syndikus an. Für
jede nur praktische Aufgabe nicht recht begabt, hat er unter manch geistigem
Verzicht die Forderung des neuen und so veränderten Tages erfüllt und damit
Wertvolles im Sinne der Privatbank geleistet. Sigbert Feuchtwanger hat die
Tradition seines streng konservativen Vaterhauses immer bewahrt, ohne für sich
den Anspruch zu erheben, ein religiöser Jude zu sein. Er litt unter dieser
Spannung und wollte nicht einsehen, wie zukunftsweisend er als ein Mann war,
der zwischen denen stand, die glaubten, Religion sei ein fester Besitz und
denen, die meinten, auf Religion verzichten zu dürfen. Was ihm Unruhe und
Unbehagen bereitete, ist schließlich der einzige Weg, die Chance für eine
religiöse Erneuerung des jüdischen Glaubensvolkes. Der im Westen und seiner
Kultur Beheimatete empfand natürlich stark, daß der in Israel neu wurzelnde
Jude unter einem Lebensgesetz stand, das nicht mehr ganz das seine werden
konnte. In einer Weise, die tief bewegte, mühte er sich um Gerechtigkeit
gegenüber Gedanken, die ihm fremd waren, um Objektivierung in einer Epoche subjektiver Impulse und nationaler Wallungen.
Bei aller Scheu und Zurückhaltung verspürte man dabei stark seine
Verletzlichkeit und Melancholie. Doch gab er dem nicht nach, hielt seine Person
für völlig unwichtig und bewährte sich damit in einem letzten Sinn eben als
religiöser Mensch. Ein plötzlicher Tod überraschte den beinahe Siebzigjährigen,
führte ihn leicht und schmerzlos aus einer Welt, die ihm schwer und
schmerzensreich erschien ‑ und die er dennoch geliebt und bejaht hatte.
(Geis, Robert Rafael: Drei Freunden; in: Lamm, Hans: Von
Juden in München. München 1959, S. 216
f.)