Neustätter,  Alfred                                   (Rechtsanwalt)

* 16.8.1890 München                               +

V: Kaufmann

abs. 1909

 

(JB WG)

 

 

1921 Promotion zum Dr. jur. an der Universität Frankfurt: Die Kontokorrentbedingungen der Banken. Stuttgart 1921.

 

(DNB)

 

 

Alfred Aron Neustätter, Rechtsanwalt in München, geboren am 16.8.1890 in München. Eltern: Max Neustätter, Weißwarenhändler (+ 18.10.1924 München), und Ernestine, geb. Berliner (* 1.9.1862 München, + 30.11.1937 München).

 

Alfred Neustätter glückte im April 1939 die Emigration nach England.

 

(Biographisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945. Bd. 2 München 2007, 189)

 

 

Rechtsanwalt; Direktor; Vorstand der Graphitwerk Kropfmühl AG in München. Geboren am 16.8.1890 in München; wohnhaft München, Ohmstraße 9. Humanistisches Gymnasium; Universität; Dr. jur.; Referendar bei Münchener Gerichten und Verwaltungsbehörden. Seit 1928 in jetziger Stellung. Verheiratet mit Dr. Hanne N., geb. Jacoby.

 

(DWF)

 

 

… Dass auch die Mitgliedschaft im Vorstand eines Industrieunternehmens keinen ausreichenden Schutz vor Übergriffen bot, zeigt das Beispiel des 1933 seiner Anwaltszulassung beraubten Rechtsanwalts Alfred Neustätter, der seit Jahren Vorstand des  Grafitwerkes Kropfmühle im niederbayerischen Bezirksamt Wegscheid war. In seinem Lagebericht für November 1937 fasste der Regierungspräsident von Niederbayern und der Oberpfalz die Vorkommnisse wie folgt zusammen:

 

"Für den 3. November [1937] war eine Besichtigung des Grafitwerkes Kropfmühle, Bezirksamt Wegscheid, durch einen Beauftragten des Rohstoffamtes in Berlin angesagt. Die Verwaltung dieses Werkes in München verständigte daraufhin die Betriebsleitung in Kropfmühle, dass sie den Vorstand Dr. Neustätter in München, einen Juden, und ein Mitglied des Aufsichtsrates nach Kropfmühle entsenden werde. Diese Nachricht hat sowohl bei der Werksleitung wie auch bei der Gefolgschaft eine starke Entrüstung hervorgerufen. Die Gefolgschaftsmitglieder kündigten an, dass sie die Arbeit niederlegen würden, wenn es der Jude noch einmal wage, das Werk zu betreten, und setzte dies auch in die Tat um, sobald die Sirenen heulten, als Dr. Neustätter und das Aufsichtsratsmitglied, Ministerialdirektor Dr. Schmidt, den Fabrikhof betraten. Dr. Neustätter wurde sodann im Zimmer des Betriebsführers aufgefordert, das Werk sofort zu verlassen. Da der Jude noch zögerte, wurde diese Aufforderung von Gefolgschaftsmitgliedern, die inzwischen in das Verwaltungsgebäude gegangen waren, wiederholt, bis schließlich Dr. Neustätter, gegleitet von schmährufen, Fußtritten und Steinwürfen das Werk verließ…".

 

Nachdem er im November 1938 infolge der Reichspogromnacht in das KZ Dachau verbracht worden war, entschloss sich Alfred Neustätter im April 1939 zur Emigration nach England, wo er zunächst als kaufmännischer Angestellter tätig wurde. Ab 1952 war er wieder Mitglied der Rechtsanwaltskammer München. 1955 ist er 65-jährig in London gestorben.

 

(Weber, Reinhard: Das Schicksal der jüdischen Rechtsanwälte in Bayern nach 1933. München 2006, S. 110)