Dokument 5:
Schreiben Niethammers an den Geheimen Staatsrat
v.Zentner (20.2.1810)
Hochwohlgebohrner
Hochzuverehrender Herr Geheimrath!
Euer Hochwohlgebohren habe ich zu meiner gestern übergebenen Denunciationsschrift wider den Rector Weiller in der höchsten Eile folgendes als Nachtrag zu melden.
Ich war gestern Abend noch auf dem Rückwege von Ihrem Hause bei dem geistlichen Rath Westenrieder, um ihm, wie ich versprochen hatte, durch Vorzeigung des Allgemeinen Normativs selbst die Lügenhaftigkeit der von dem Rector Weiller wider mich (eigentlich wider die Regierung) ausgestreuten Beschuldigung augenscheinlich darzuthun. Bei dieser Gelegenheit bin ich von ihm aufs Neue, und zwar mit dem bestimmten Zusatze, gewarnt worden:
"Daß binnen acht Tagen eine öffentliche Bekanntmachung zur Beruhigung des Publicums erfolgen müsse, wenn die Folgen noch aufgehalten werden sollen."
Da ich mit einer Erklärung an das Publicum in dieser Sache wider die ganze Form der Amtsverhältnisse, die mir durch die Organisation angewiesen sind, verstoßen würde, da ich zu einer solchen Erklärung in der gegenwärtigen allgemeinen Gährung auch schwerlich (auf) die Erlaubniß der Regierung hoffen könnte; da ich selbst also zu meiner Vertheidigung gar nichts thun kann: so muß ich - da die Gefahr als so nahe angekündiget wird - die Regierung selbst um Schutz anrufen, und muß eben deshalb bitten:
Daß meiner gestern überreichten Denunciationsschrift die schleunigste Folge gegeben werde.
Der Rector Weiller kann, wie ich aus der gestrigen Unterredung mit dem geistlichen Rath Westenrieder deutlich abnehmen konnte, als der Hauptverbreiter der - zum Aufruhr wider die Regierung benutzten - Verleumdung wider mich leicht überwiesen werden. Das wirksamste Mittel zur Beruhigung des Publicums ist also das von mir angedeutete: "daß die Verleumdung durch ihre Haupt-Urheber und Verbreiter selbst widerrufen werden müsse."
Verschuldet hat der Rector Weiller ohne Zweifel eine weit schwerere Strafe; es kann also kein Bedenken obwalten, ihm diesen öffentlichen Widerruf aufzulegen, wodurch er nur das persönliche Vergehen wider mich einigermaßen, noch lange aber nicht das weit größere Verbrechen wider die Regierung selbst, abbüßt. Es ist sicher die höchste Zeit, daß die Regierung entweder die Schuldigen - die das ganze Publicum kennt und nennt - zur Rechenschaft ziehe, oder aber - wenn diese noch ferner geschont werden müßten - wenigstens wider die Angeschuldigten die Untersuchung verhänge, damit das Volk auf die eine oder andere Weise versöhnt werde.
Euer Hochwohlgeboren bitte ich auf das Dringenste, meine Angelegenheit zu einer baldigen Entscheidung zu bringen, und mir auf den Fall, wenn die zu nehmenden Maßregeln aufhalten sollten mich noch vor Ende dieser Woche gefahrlos zu stellen, die Erlaubniß auszuwirken, daß ich mich mit meiner Familie bis zu Ausgang der Sache von hier entfernen darf.
Mit hoher Verehrung
Euer Hochwohlgebohren
unterthänig gehorsamer
Niethammer
München, den 20ten Febr. 1810.D.