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Verordnung vom 24.September 1799
 
 

Von dem Augenblicke, als Wir die Regierung der Uns angefallenen baierischen Erbstaaten übernahmen, richteten Wir Unsere ganze Aufmerksamkeit auf den Zustand des Schulen- und Erziehungswesens in denselben. Denn Wir sind innigst überzeugt, Daß Unsere auf Erhöhung des Nationalwohlstandes berechneten Regierungs-Anstalten auf eine bessere Bildung Unserer Unterthanen gegründet werden müssen. Auf diesem Wege sollen sie Über Unsere Absichten zu ihrer Beglückung aufgeklärt, mit dem Geiste Unserer Verfügungen vertraut, und zur Ausführung derselben fähig werden. Zwey Bemerkungen haben sich dieser Überzeugung zugesellt:

1) Daß man bisher die sogenannten lateinischen oder gelehrten Schulen zum Nachtheile der Real- und Bürgerschulen zu sehr begünstigte, und überhaupt mehr für Unterricht, als für Erziehung sorgte, wovon die Folge war, daß den arbeitenden Klassen viele brauchbare Hände entzogen wurden, dem Staate aber eine im Verhältnisse seiner Bevölkerung und seines Bedürfnisses viel zu große Zahl Studenten zum Unterhalte heimfiel, welche demselben als unbrauchbare Müssiggeher zum Theil sogar schädlich wurden.

2) Fiel uns besonders auf, daß unter dieser Menge wissenschaftlicher Zöglinge, welche aus den vielen Schulhäusern dieser Lande jährlich abtreten, doch ein so sichtbarer Mangel an hinlänglich ausgebildeten und zum Staats-Dienste gehörig vorbereiteten Individuen sich zeigte. Wir sind weit davon entfernt, zu glauben, daß es der baierischen Nation an natürlichen Anlagen zum gelehrten Stande fehle. Wir kennen im Gegentheile ihre Verdienste um die Wissenschaften, und sind festen Zutrauens, daß die Geistes-Anlagen derselben, wenn sie gehörig gewecket und ausgebildet werden, in kurzer Zeit dem Zustand der baierischen Litteratur allgemeine Bewunderung zu verschaffen im Stande seyn werden.

Da das eben genannte doppelte Staatsübel vorzüglich in den gegenwärtig bestehenden lateinischen Schulanstalten und in ihrer zweckwidrigen Richtung seinen Sitz hat; so haben Wir eine bessere Einrichtung derselben las das erste Geschäft der Nationalbildung angesehen, und nach einem Uns in versammelter Staatsconferenz gemachten ausführlichen Vortrag in von Uns mit stäter Hinsicht auf die nothwendige Verminderung der nachtheiligen Ueberzahl der Studenten auf der einen, und damit auf der andern Seite das Talent des zu den Wissenschaften besonders berufenen Jünglings auf eine nützliche Art geleitet werde, folgendes gnädigst beschlossen worden:

Um dem in der ersten Bemerkung angeführten Nachtheile zu begegnen, befehlen Wir überhaupt, daß künftig die zu große Anzahl lateinischer Schulen, so viel es immer möglich, vermindert werden soll. Wir wollen daher

I) Daß vom nächsten Schuljahre angefangen die lateinischen Studien in den Städten Burghausen und Landsperg ganz aufhören sollen.

Den Fond des Seminars zu Burghausen bestimmen Wir einsweilen zur Errichtung einer nach verbesserten Grundsätzen daselbst zu errichtenden bürgerlichen Realschule, mit welcher eine Feyertagsschule nach dem Muster eines solchen in Unserer Haupt- und Residenzstadt München bereits bestehenden Institutes, verbunden werden kann. Die Administration besagten Fonds übertragen Wir dem Magistrate zu Burghausen auf jedesmaligen Wiederruf, und unter der Oberaufsicht Unserer geistlichen Raths-Schul-Deputation, welche dießfalls die weiters nöthigen Verfügungen zu treffen und seiner Zeit ihren gutachtlichen Bericht darüber zu erstatten hat.

II) Soll das akademische Gymnasium zu Ingolstadt gleichfalls aufhören.
 

Die künftig bestehenden Gymnasien sind also München, Amberg, Landshut, Neuburg, Straubing.
 

III) Wollen Wir, dass von nun an alle in den verschiedenen in Unseren Landen befindlichen Prä-latenklöstern bisher bestandenen Studenten- Seminarien- und lateinische Schulen geschlossen, und in Realschulen verwandelt werden sollen, in welchen bloß jene Elementarkenntnisse gelehrt werden mögen, die für alle Stände gleich nöthig und brauchbar sind; von der lateinischen Sprache dürfen selbe mehr nicht, als die allerersten Anfangsgründe in ihren Unterricht aufnehmen.
 

IV) Verbiethen Wir, daß keiner Unserer Landesunterthanen sich den lateinischen Studien auf ausländischen Schulen widmen soll.
 

Und wir befehlen

V) Daß alle in Unsern Landen gebohrne Schüler, welche nach Kundmachung gegenwärtiger Verordnung noch anderswo als auf einem Unserer Schulhäuser studieren würden, in der Folge bey keinem derselben mehr angenommen werden sollen, wenn sie nicht in die unterste oder erste gramatische Klassen eintretten.
 

VI) Kein Kandidat irgendeines Standes soll künftig zu Unsern Staatsdiensten angenommen werden, wenn er nicht beweisen kann, daß er nach dem bestehenden Studienplane auf einem Unserer Schulhäuser den vollständigen Unterricht genommen, oder wenigst sogleich nach der Eröfnung dieses Unsers gnädigsten Willens seine Studien daselbst fortgesetzet und vollendet habe.
 

VII) Heben wir die bisher zu Landshut, zu Neuburg, und zu Straubing bestandenen Lyzäen von nun an gänzlich auf, und verordnen, daß die sogenannten höhern Schulen in Zukunft neben der Universität Ingolstadt nur noch in Unserer Residenzstadt München und in der oberpfälzischen Hauptstadt Amberg gelehret werden sollen.

Damit aber in Zukunft für eine mit dem Bedürfnis des Staats harmonirende zweckmäßige Bildung und für einen brauchbaren Unterricht der innländischen Jugend besser gesorgt seyn möge, haben Wir als eine Folge Unserer zweyten oben aufgestellten Bemerkung ferner zu verordnen Uns gnädigst entschlossen, daß
 

VIII) Alle Unsere Lyzäen und Gymnasien von nun an wieder ohne Unterschied des Standes mit Professoren von allgemein anerkannter Fähigkeit besetzet werden sollen.
 

IX) Behalten Wir die Ernennung derselben auf eine noch näher zu bestimmende Weise Unserer höchsten Person Selbst vor. Wir werden jedoch auf das Verhältniß des Schulfonds-Beytrages, welchen Unsere baierischen und oberpfälzischen Prälaturen im Jahre 1781 übernommen haben, billige Rücksicht nehmen, und eine demselben entsprechende Anzahl der fähigsten Lehrer aus solchen Klöstern bey Unsern Schulhäusern vorzüglich anstellen lassen.
 

X) Damit aber fähige Religiosen sich zum Lehramte geschickt zu machen, und solches zu übernehmen künftig mehr ermuntert werden, heben wir das unterm 20ten September 1794 erlassene höchste Rescript hiemit auf, vermög welchem kein entlassener Professor zu Kloster-Ämtern zugelassen werden solle, und erklären gnädigst, daß alle ohne ein Vergehen vorhin entlassenen Professoren zu Lehr-Ämtern künftig wieder fähig seyn sollen.
 

XI) Die Zahl der Professoren des hiesigen Lyzäums bestimmen Wir zu sechs. Drey sollen der Theologie, und eben so viele der Philosophie zugetheilt werden.

Für Chemie und Naturgeschichte soll von Unserer Akademie ein eigner Lehrer aus ihren Mitgliedern aufgestellt werden.

Das Lyzäum zu Amberg soll aus zwey theologischen, und eben so vielen philosophischen Professoren bestehen.

Die Gymnasien sollen durchgehends mit fünf Professoren bestellet werden.
 

XII) Für das Schulhaus zu München ernennen wir gnädigst nachfolgende Professoren:
 

In der Theologie

a) Für Dogmatik und Patrologie den bisher zu Ingolstadt als Lehrer der Theologie angestellt gewesenen Marian Dobmaier Benediktiner von Weissenohe;

b) Für Kirchengeschichte und Kirchenrecht den Inspektor der deutschen Schulen zu München Franz Andre Nemer;

c) für Moral-Pastoral-Liturgie und geistliche Beredsamkeit den Pfarrer zu Berg Sebastian Mutschelle, welchem Wir gleichzeitig das Schulrektorat und die Inspektion des hiesigen Seminars übertragen.
 

In der Philosophie

a) Phisik und Mathematik den Prior der Augustiner Maximus Imhof dahier;

b) Logik und Metaphysik - kritische Erklärung der schweren lateinischen Klassiker, den Weltpriester Schmid, bisher Professor an der Militär-Akademie dahier;

c) praktische Philisophie und Pädagogik den Weltpriester Kajetan Weiler.
 

In der II.rethorischen Klasse

Den Weltpriester Lechner, Prediger am Stifte zu U.L.Frau dahier.
 

In der I.Rethorik

Den Professor Badhauser der Militär-Akademie.
 

Für die grammatischen Klassen

Den Kanonikus Regularis P.Weinzierl von Polling zur 3ten; den Weltpriester Wankerl zur 2ten, und den Instruktor am Erziehungsinstitute dieses letztern Adalbert Jungmaier zur 1ten grammatischen Klasse,
 

Für das Schulhaus zu Amberg:
 

Theologie

a) Kirchenrecht und Kirchengeschichte Maurus Schenkl, Benediktiner von Prüfening,

b) Dogmatik, Moral, Pastoral-Theologie etc. Dominikus Gallowitz, Benediktiner von Oberalteich.
 

Philosophie

a) Physik und Mathematik, Prandl, Repetitor der mathematischen Wissenschaften zu München

b) Logik, Metaphysik, praktische Philosophie, Benedikt Schneider, Benediktiner zu Oberaltaich
 

Für die Gymnasien zu Amberg, Landshut, Neuburg, Straubing, erwarten Wir, daß Uns das General-Studien-Direktorium eine hinlängliche Anzahl der fähigsten Lehrer aus Prälatenklöstern unterthänigst vorschlage, und dieselben durch Unsere geistliche Raths-Schul-Deputation zu Unserer gnädigsten Ernennung einbefördere, welches erwähntem Studien-Direktorium unverzüglich zu bedeuten ist. Zugleich befehlen Wir erwähnter Schuldeputation, ein unterthänigstes Gutachten einzusenden, auf welche Weise die Wahl der in künftigen Fällen neu anzustellenden Professoren (wenn solche nicht schon den allgemeinen Ruf litterarischer Kenntnisse und Fähigkeiten für sich haben) am zweckmäßigsten vorzubereiten wäre, damit wir künftig einen sicheren Maßstab Unsers Urtheils haben mögen.
 

XIII) Den Gehalt der Professoren setzen Wir einsweilen auf folgende Art fest:

a) ein Professor aus dem weltlichen oder Weltpriesterstande soll jährlich erhalten 600fl.;

b) ein solcher aus dem Mönchsstande, wenn er nicht in Kommunität lebt 500 fl.;

c) ist er aber in einer Kommunität 400 fl.
 

XIV) Zur Bezahlung der Gehalte für Professoren, die nicht aus den Prälatenklöstern genommen sind, weisen Wir vorläufig die Summe von 7200 fl. jährlich an, welche von den Beyträgen der nicht ständischen Klöster, dann der ständischen Frauenklöster, die von euch auf 8425 fl. berechnet wurden, bestritten werden sollen.
 

XV) Für Repetitoren an Lyzäen soll künftig aus den Schulfonds-Beyträgen nichts mehr bezahlt werden.
 

XVI) Wir behalten Uns vor, die Gehalte der Professoren überhaupt, besonders aber der aus dem weltlichen und Weltpriesterstande gewählte, sobald es der Zustand der von Uns herzustellenden Schulfonds gestatten wird, verhältnißmäßig zu vermehren. Wir sind auch gnädigst geneigt, solche Einleitungen treffen zu lassen, dass die mit geistlichen Pfründen versehenen Weltpriester, welche von Uns als Professoren ernannt werden, solch auf eine dem Lehramte unnachtheilige Weise beybehalten mögen.
 

XVII) Wir erklären auch gnädigst, daß die von Unsern Klöstern erhobenen und von euch auf 32337 fl 35 kr. angegebenen Schulbeyträge als ein beständiger Schul-Fond angesehen, und unter keinem Vorwande jemals vermindert werden sollen. Daher versteht es sich von selbst, daß die Ersparung, welche sich durch die oben anbefohlene Aufhebung verschiedener Lyzäen und Gymnasien erzielen läßt, diesem Schulfonde, keineswegs aber den Kontribuenten, zu Guten gehen könne.
 

XVIII) Damit aber sogleich eine bestimmte Aussicht zu einer Verbesserung des Schulfonts eröfnet werde, ertheilen Wie hiemit die gnädigste Versicherung, daß wir an Professoren aus dem Weltpriester-Stande auf den Schulhäusern zu München, Landshut und Straubing eine gewisse Anzahl von Kanonikaten verleihen wollen, wenn sich der Erledigungsfall ergeben wird. Auf solche Art wollen Wir sechs Kanonikate des Stiftes zu U.L.Frau dahier für Professoren bey dem hiesigen Schulhause, drey des Kollegiat-Stiftes zu Landshut für dortige Professoren , die Weltpriester seyn werden, und zwey für Weltpriester Professoren zu Straubing aus dem Stifte des nämlichen Ortes bestimmen. Die von solchen Weltpriestern bezogenen Professors-Gehalte, sollen sodann nach dem Verhältniß des Ertrages der Kanonikate ganz oder zum Theil eingezogen, und zur Erhöhung der Gehalte der übrigen Professoren vom weltlichen, Weltpriester- und Mönchsstande der unbefreyten Klöster verwendet werden. Unsere weiteren Verordnungen werden Wir über diesen Gegenstand zu seiner Zeit nachfolgen lasen, einsweilen habt ihr diese Unsere Erklärung den dabey betheiligten Professoren zu ihrer Ermunterung bekannt zu machen.
 

XIX) Die Versammlung des General-Studien-Direktoriums soll künftig nur einmal in jedem Schuljahre, und zwar am Ende desselben, unter dem Vorsitze Unseres Lokal-Kommissärs dahier statt haben.
 

XX) Diese Direktorium soll übrigens für die Zukunft aus den bisherigen fünf Mutgliedern vom Prälatenstandes bestehen. Denselben soll aber mit dem Anfange des nächsten Jahres nur die Hälfte der bisher bezogenen Gebühren, sohin 500 fl., zu beziehen gestattet seyn. Übrigens bleibt es durchgehends der bey Unserm geistlichen Rathe angeordneten Schul-Deputation unterworfen.
 

XXI) Wir lassen euch übrigens gnädigst unverhalten, daß der Betrag, welcher übrig bleibt, wenn der unter Nr.XIV zur Bezahlung von Professoren, die nicht aus Prälatenklöstern sind, angewiesenen Summe die Gehalte der von Uns unter Nr.XII ernannten Professoren aus dem weltlichen, Weltpriester- und unbefreyten Mönchsstande abgezogen werden - zur Besoldung von ähnlichen Professoren der theologischen und philosophischen Fakultät zu Ingolstadt vorläufig bestimmt sey. Unsere nähere Entschließung hierüber, sowie über jene Inividuen aus den Prälatenklöstern, welche Wir bey der eben erwähnten Landes-Universität anzustellen gesinnet sind, werden Wir euch demnächst zur Nachachtung und Nachricht ebenfalls zugehen lassen.
 

XXII) Da Wir aber vorsehen, daß diese Unsere gnädigste Entschließung in dem zwischen der Bekanntmachung derselben und dem gewöhnlichen Eröffnungs-Termin der Schulen in Mitte liegenden Zeitraum nicht mehr in gänzlichen Vollzug gesetzet werden könne, so setzen Wir den Anfang des nächsten Schuljahres auf den 1ten Dezember fest, welches ihr durch die Intelligenz-, Zeitungs- und Wochenblätter sogleich öffentlich bekannt zu machen habt. Alle übrigen noch erforderlichen Weisungen werden euch unverzüglich zugehen. Wir erwarten übrigens von euerm Diensteifer und euern Fähigkeiten, daß ihr diese Höchste Entschließungen in pünktliche Erfüllung bringen, die unvorhergesehenen Anstände mit den Mitteln sie zu heben jederzeit berichtlich anzeigen, und überhaupt alle nöthigen Einleitungen treffen werdet, dass Unsere gemeinnützliche Absicht hiebey erreichet werde. Wir zeigen euch zugleich an, daß Wir Unserer lieben und getreuen Landschaft eine Abschrift gegenwärtigen Reskriptes zur Nachricht haben zugehen lassen.
 

München den 24ten September 1799
 

(Quelle: Lurz, Georg: Mittelschulgeschichtliche Dokumente Altbayerns, einschließlich Regensburgs, Bd.2, Berlin 1908, S.285 ff.)
 


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