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Von den Erziehungs-Anstalten in München

(Auszüge aus Lorenz Hübner: Beschreibung der kurbaierischen Haupt- und Residenzstadt München..., Bd.2, München 1805)








... So sah es um das öffentliche Erziehungswesen in München aus, als Herzog Wilhelm V. die Jesuiten hier aufnahm, und die ganze jugendliche Bildung in ihre Hände übergab.

Was für ein Geist das Monopol dieser Erziehung hier, durch ganz Baiern, und im ganzen katholischen Europa, das sich den Lojoliten unbedingt überließ, durch beinahe 2 Jahrhunderte beseelte, ist aus unzähligen Schriften bekannt. Manches Gute für jene Zeiten darf zwar nicht übersehen werden: allein der Zeitgeist forderte laut die Ausmerzung des vielen Zwecklosen, und bloß auf Klösterlichkeit Berechneten, was jene Lehrart beinahe allein bezweckte. Man setzte die größte Celebrität in eine ungeheure, unproportionirte Menge von Studirenden, und berathschlagte sich nach hinterlegten untern Klassen mit den fähigern Köpfen für die Wahl der Klöster. Was nicht für diese taugte, ward dem Staat überlassen, der unter der ausgeworfenen Spreu zu wählen hatte. Wir berühren den Lehrplan selbst nicht, der nach freieren Ansichten, die eine philosophische Bildung gibt, weit unter aller Kritik steht.

Nirgends spricht sich der Geist der jesuitischen Erziehung stärker aus, als in der Instruction des von den Jesuiten methodisch inspirirten baierischen Herzogs Wilhelm V., die er seinen beiden Söhnen , Maximilian I. (* 1673) und Philipp (* 1576), im Jahre 1584 ertheilte, und welcher die nachfolgenden Vorschriften der baierischen Regenten von Zeit zu Zeit mehr oder weniger charakterisirte. Wir theilen, anstatt aller anderen Charakteristik, dieses merkwürdige Aktenstück mit, indem es nirgends, wie hier, so passend an Ort uns Stelle steht:

Instruction; die über beede junge Herzogen Maximilian I. und Philippen aufgestellten Hofmeister und Präceptoren betreffend; 1584

So hatten die Jesuiten den Hof gestimmt, so die Höflinge, so die Staatsbeamten, und nach ihnen alles, was von ihnen abhieng. Das Volk war ganz Maschine in der Hand dieser Fanatiker, oder Heuchler, die es abgöttisch verehrte.

Maximilian Joseph, obgleich ganz nach jesuitischen Grundsätzen erzogen, both als Selbstherrscher sein Ohr den Lehren der Zeit und der Beispiele. Ueberall erscholl aus fernen Königreichen (Spanien, Portugal, Frankreich) das Anathem über einen übermächtig, beinahe zügellos emporgehobenen Orden, der den Staaten selbst Gefahr drohte. Der Nimbus fieng an zu verschwinden, und hinter dem Schleier, den warnende Schriftsteller von den Götzen des neuesten Heidenthums lüfteten, entdeckte man Betrug, Eigennutz, Herrschsucht und Verführung. Maximilian Josephs Achtung gegen den entschleierten Orden nahm ab, und ging endlich in Gleichgültigkeit, von dieser in Verachtung über. Der erste Schritt war durch die im Jahre 1759 begünstigte Akademie der Wissenschaften 1) gethan, gegen welche, als ihre natürliche Feindin, die Jesuiten heimlich und öffentlich Ränke schmiedeten.

Im Jahre 1773 ließ sich Maximilian Joseph, so wie die katholischen Herrscher alle, die gänzliche Vertilgung des Ordens gerne gefallen, und man schien für alle Zukunft das Monopol klösterlicher Erziehung verabschiedet zu haben.

...Nach Auflösung des Jesuiten-Ordens war die Nothwendigkeit eingetreten, auch für die sogenannten lateinischen Schulen, die Gymnasien und Lyceen zu sorgen, und ihnen eine neue Verfassung, neue Vorsteher und Lehrer zu geben (Die Universität stand unter eigener Ministerial-Curatel).

(Heinrich) Braun 2), der nun Alles in Allem fühlte, erhielt auch hierüber das Commissariat; zog von allen Seiten Lehrer herbei, und stellte eine Mischung von Exjesuiten (die ohnehin pensionirt werden mußten) und Mönchen auf, deren Solde aber in München höher, als in den Provinzen festgesetzt wurden. Ueberall wurden Rectoren nach Brauns Laune und Vorliebe, mit einigen nicht unbeträchtlichen Mißgriffen, aufgestellt 3). Man ließ große Verheißungen und Aussichten für die Lehrer verordnen und drucken, womit man die besseren Köpfe zu locken suchte. Braun war kein sehr genauer Worthalter, und gar bald spann sich Mißtrauen und Zwiespalt an. Schon zu Ende des Jahres 1772 fand man es nöthig, dem Alleinherrscher näher aufzulauern, und der Uebermacht ein Gegengewicht zu geben.

Der oben genannte von Steeb erhielt von dem geistlichen Rathe den Auftrag, an Brauns Seite als Mitcommissär zu treten; allein diese sollte die linke sein, wie der ehrsüchtige Braun erwartete. Wider Vermuthen ward jenem die rechte zuerkannt; Braun glaubte sich zurückgesetzt und dankte ab. Man nahm diese Abdankung sehr willig auf, und der bescheidene Canon. Kolmann, der sich nicht einseitig betragen wollte, kam an dessen Stelle an die linke des wackern von Steeb. Graf Spreti präsidirte dem geistlichen, als auch dem Schulrathe. Dieses Kleeblatt besorgte nun redlich und klug die Geschichte des deutschen, gymnastischen und lyceistischen Schulwesens in Baiern.

Es ist nicht zu läugnen, daß damahls mit dem lateinischen Schulwesen gut Fortschritte geschahen; es war mehr Uebereinstimmung unter den Lehrern, und mancher gute Kopf zeichnete sich aus der Menge der in der ersten Nothwahl hervorgezogenen Lehrer aus. Man hatte Vorsteher, die man aufrichtig schätzen, und auf deren Worte man trauen konnte. Ein im Jahre 1774 gedruckter Plan, der zu schönen Hoffnungen berechtigte, wurde befolgt, und auch dem Lehrer, was unumgänglich nöthig war, einiger Raum gelassen, mit thätiger Nachhülfe mitzuwirken. Jene Epoche war weniger glänzend, als trostreich. Man sah sich berechtigt, eine immer gedeihlichere Zukunft dem Vaterlande zu versprechen. Das deutsche Schulwesen (das städtische ausgenommen) ward läßiger betrieben. Mancher gute Vorschlag scheiterte aus Mangel des Fonds, welcher überall nicht zu heben war.

Braun, der indessen nicht unthäthig gewesen war; sondern nur auf Mittel sann, sich wieder auf die oberste Stufe zu schwingen, ergriff im Jahre 1776 den Anlaß, der durch den Tod des Universitätsprofessors Freiherrn von Ickstätt sich darboth, wieder in Thätigkeit zu treten, und brachte es durch seinen Freund, den geheimen Kanzler Freiherrn von Kreitmayr, dahin, daß er zum Direktor der theologischen Facultät und des Gymnasiums zu Ingolstadt ernannt wurde.

Nun hatte er den gewünschten Einfluß erhalten, und benützte diesen, um sich Uebergewicht zu verschaffen. Der Schulfond reichte nicht immer zu, um den Schulbedürfnissen zu steuern, welche ein besserer Plan nöthig machte. Braun, dessen Ruf gerade im Puncte der Oekonomie nicht der beste war, ein verrufener Verschwender und Schuldenmacher, nahm sich der Schulfinanzen an, öffnete durch Einziehung Einer Schulklasse und Schmählerung der Lehrerbesoldungen (in den Provinzstädten 100 fl. von 500 fl.) eine neue Ersparungsquelle, und zeigte sich überall so geschmeidig, daß man ihm die Direktion der Schulen wieder mit Dank übertrug, und er im Jahre 1777 4), selbst in der Mitte des Schuljahres, zum Director der sämmtlichen Lyceen und Gymnasien, der Stadt- und Landschulen in Baiern und der obern Pfalz, und Schulenreferendär in der kurf. Conferenz ernannt ward. Brauns Finanzen stiegen; aber das Kärglichkeitssystem erstickte den Eifer der Lehrer. Mißmuth beschlich alle Herzen, und der Kummer für die Zukunft, die in die Hände eines unredlichen, lügenhaften, wetterwendischen Directors übergeben war, lähmte den guten Willen, wie die Thatkraft manches aufstrebenden Talents. Einige Rectoren, Brauns Geschöpfe, welche weit würdigeren Männern vorgesetzt wurden, sprühten überall die Funken seines bösen Geistes, waren hochmüthig, herrschsüchtig, lügenhaft und verläumderisch, wie er. Mancher hoffnungsvolle Lehrer entfernte sich freiwillig, oder unterlag der meuchelmordenden Kabale.

Braun fühlte bald Eckel am deutschen Schulwesen, und machte den Vorschlag, es der Polizei zu unterwerfen. Diese nahm das Anerbiethen nicht an, und man kam auf den unklugen Einfall, es einigen jüngeren Hofräthen, denen es an gar aller pädagogischen Kenntniß, ganz besonders aber an Erfahrung fehlte, anzuvertrauen. Die Sache ward, wie zu vermuthen war, schief angegriffen, und linkisch betrieben. Man fühlte das Unwesen, und der geistl. Rat kam an den ihm so lange entrissenen, aber seitdem immer schlechter berathenen Schulenephorat wieder. Ein von ihm aufgestellter Ausschuß von Räthen übernahm die schwere, sehr undankbare Arbeit, mit aufgehäuftem Unrath zu kämpfen, und gegen einen Strohm von Schwierigkeiten anzuschwimmen, dem seine, ihm zu Gebothe stehenden, Kräfte überall nicht gewachsen waren. Man war gezwungen, Palliativkuren anzuwenden, wo eine radikale durchaus nöthig war.

Brauns Alleinherrschaft im lateinischen Schulwesen war auch dieses Mahl von keiner Dauer, ob er gleich eine neuen Schulplan mit blendender Feierlichkeit an das Tageslicht gefördert hatte. Man hatte zwar den Schulfond durch die neuesten Ersparnisse etwas erleichtert: allein man wünschte der Erleichterungen mehr, und Braun hatte bereits wichtige Feinde, sie sein leichtsinniger Charakter verdiente. Im Jahre 1781 trat auf höchsten Befehl eine neue Schulcommission zusammen, und der Erfolg war, daß man das ganze baierische Schulwesen den Mönchen aus den Abteien überantwortete, welche es zur größeren Aufnahme ihrer Institute auch willig übernahmen, und bis auf die gegenwärtige Regierung nach ihrer Weise verwalteten. Von dem Jahre 1781 an befanden sich die lateinischen Schulen in den Händen der regulirten Chorherren unter einer eigenen geheimen Curatel: aber im Jahre 1794 im October überließ man den ganzen - wie es schien - Plunder dem Orden der Benediktiner.

In dieser Lage kam das deutsche, und aus diesen Händen das lateinische Erziehungswesen in die Hände der von Maximilian IV. bestellten Schulcommission des ehemaligen geistl. Raths.

Als der geistliche Rath aufgelöst ward, errichteten Sr. kurf. Durchlaucht, der großmüthigste Freund der Erziehung, ein eigenes Collegium, das General-Schulen- und Studien-Directorium, wovon bereits oben Nachricht gegeben ist.

Hier (in München) befinden sich zum Behufe der gelehrten Studien ein Lyceum und ein Gymnasium 5)  unter Oberaufsicht der eben gedachten Generaldirection, welche dem Ministerium der geistlichen Angelegenheiten untergeordnet ist. Ein eigener Rath hat das Referat in lateinischen Schulangelegenheiten, die übrigens unmittelbar von dem Oberschulencommissär und 2 Rectoren des Lyceums und Gymnasiums besorget werden. In dem Lyceum werden die philosophischen Studien in 2, und die theologischen in 3 Jahrgänge getheilt. Ohne Vollendung der ersteren wird der Uebergang an die Universität nicht gestattet. In diesen werden gelehrt im 1sten Jahrgange: Theoretische und practische Philosophie, niedere Mathematik, Aesthetik, kritische Vorlesungen und Naturgeschichte (die kurf. Akademie bestellt den Lehrstuhl der Naturgeschichte). im 2ten Jahrgang: Körpernaturlehre, Chemie. höhere Mathematik, Erziehungskunde und Naturgeschichte (die kurf. Akademie bestellt ebenfalls die Lehrer der Körpernaturlehre und Chemie, wie der Naturgeschichte). Die theologischen Studien bestehen in allen 3 Jahrgängen aus Dogmatik, Exegese, Moral, Pastoral, geistlicher Beredsamkeit, Kirchengeschichte und Kirchenrecht. Der öffentliche Unterricht des Lyceums wird von den 2 Rectoren und noch andern 6 Lehrern ertheilt, worunter 2 akademische sind.

Der Gymnasial-Unterricht wird in 5 Jahrgänge oder Klassen, und durch alle Klassen von denselbigen Lehrern nach Fächern ertheilt, welche zweckmäßige Anstalt jetzt in allen kurf. Staaten eingeführt ist. Von einigen Lehrern der durchlaufenden Fächer werden griechische und lateinische Sprache nebst ihrer Literatur, deutsche Sprachübungen und schöne Litteratur, Religions- und Sittenlehre, Geschichte und Erdbeschreibung, Mathematik und Globuslehre, Naturgeschichte und Naturlehre, französische, englische und italienische Sprache, und Zeichnungskunst gelehrt, in jeder Klasse nach angemessenen Abstufungen. Das Gymnasium zählt gewöhnlich 4 bis 5 Lehrer, ohne die 4 Lehrer der französischen, englischen und italienischen Sprache und der Zeichnungskunst.

Mit beiden Lehranstalten ist ein Seminarium in einem eigenen Gebäude verbunden, worin Unterricht in der Musik gegeben wird, und dem ein Präfekt vorgesetzt ist.

Das Schulgebäude, worin der lyceistische sowohl als Gymnasial-Unterricht ertheilet wird, ist das ehemalige Carmeliter-Kloster, das zu geräumigen, lichten und ruhigen Hörsählen und 6 Wohnungen der Lehrer hergerichtet ist. Auch der Schulpedell hat hier eine eigene Wohnung. In diesem Gebäude befinden sich die nöthigen Commissionszimmer, Sähle und die Studienbibliothek nebst dem nöthigen naturhistorischen und anderen Apparate. Die ehemalige Carmeliterkirche ist nach hinweggeschafften, bloß mönchischen Verzierungen zu den gottesdienstlichen Uebungen der Schuljugend vorgerichtet, so wie die gegenüberstehende kleine Kirche der ehemaligen Carmeliterinnen die von den Jesuiten errichtete, sogenannte lateinische, große, marianische Bürger-Congregation beherbergt; von welcher aber die studirende Jugend nach weisen Grundsätzen abgesondert ist. Der Gottesdienst selbst ist zweckmäßiger und unterrichtender gemacht, und die Erbauungsreden sind den Bedürfnissen der jungen Zuhörer angepaßt. Rector Weillers gedruckte Erbauungsreden bezeichnen ihren Geist. Geistliche Vorlesungen greifen in die nähmlichen höheren Zwecke genau ein.

Einige Mahle unter dem Jahre werden öffentliche Vorlesungen von eigenen Ausarbeitungen der Schüler, und kleinere dramatische Spiele nebst musikalischen Unterhaltungen zum Besten dürftiger Studenten gehalten, die immer sehr zahlreich besucht werden.

Am Ende des Schuljahres, zu Anfange des Herbstmonaths, wird ein Verzeichniß aller Studirenden in dem Münchner Schulhause nebst ihrem Fortgange in den angezeichneten Fächern gedruckt, und den Schülern der gymnastischen Klassen werden nützliche Bücher als Belohnungen ihres Fleißes, in Gegenwart der höchsten Landesherrschaft und deren kurfürstlichen Generaldirection, in der Schulkirche mit den zweckmäßigsten Feierlichkeiten ausgetheilt.

Da man sichs zur Absicht, selbst von höchsten Befehlen geleitet, gemacht hat, die Aufnahme der Schulerziehung nicht nach der Menge der Studirenden, wie ehemals die Mönche zu thun pflegten, sondern nach der inneren Güte der Erzogenen zu bestimmen, so ist man sehr streng, die unfähigen Köpfe auszuscheiden, und an bürgerliche Gewerbe zurück zu weisen, wo sie dem Staate nützlichere Dienste leisten können. Ueberhaupt ist man bedacht, den sogenannten gelehrten Stand nicht übermäßig zu bevölkern. Das hervorstrebende Talent wird nichts desto weniger fleißig bemerkt, und sogar durch Stipendien und andere Beihülfe unterstützt.

Es ist gewiß sehr merkwürdig, die in den Regierungsblättern von 1803 und 1804 gedruckten zwei Verzeichnisse, über die Art und Anzahl der Studirenden, die beigesetzten Bemerkungen des General-Schulen- und Studien-Directoriums zu lesen, und den auffallenden Contrast mit den kurz vorhergehenden Studienjahren wahrzunehmen.

Die erste Angabe von dem Schuljahre 1802 lautete, wie folgt:

Auszüge aus den tabellarischen Verzeichnissen der Studirenden auf den kurpfalzbaierischen Lyzeen und Gymnasien im Schuljahre 1802 zur summarischen Uebersicht des damahligen lateinischen Schulstandes

Am Eingange des Schuljahres 1802 befanden sich auf beiden kurf.Lyzeen zu München und Amberg 338 Studirende; in den fünf Gymnasien 906, nämlich zu München 311, zu Amberg 222, zu Landshut 120, zu Neuburg 101, zu Straubing 152, folglich alle Lyceisten und Gymasniasten zusammen gerechnet 1244. Unter diesen waren 244 Söhne siegelmäßiger Aeltern, 665 bürgerliche, und 335 aus dem Bauernstande. 832 studierten aus eigenen Mitteln; 12 größtentheils aus fremder Wohltätigkeit. Unter allen befanden sich als damahlige Ausländer 62. In den Weltpriesterstand sind ausgetreten 41; auf die Universität zu Landshut abgegangen 40, nähmlich 7 zur Theologie, 23 zur juristischen Fakultät, 3 zur medizinischen, und 7 zur philosophischen.

Aus allen Söhnen siegelmäßiger Aeltern studirten in diesem Jahre nur mehr 3 die Theologie, nähmlich zu Amberg. In München hatte nicht ein einziger Jüngling von dieser Herkunft mehr Lust dazu. Der geistliche Stand erhält also seinen Nachwuchs nun fast nur mehr aus dem Bürger- und Bauernstande. Jener hat dies Jahr dazu 2/3 geliefert, dieser beinahe 1/3. Die Zahl der Bemittelten verhält sich zu der der Armen wie 2 zu 1.

In Klöster giengen im gegenwärtigen Jahre aus allen nur mehr 2, im Jahre 1801 noch 29. Dagegen traten nun zu Künsten 31 aus, zum Militär 8, zu Professionen 49, und 203 verließen die Schulen freiwillig, zum offenbaren Beweise, Daß es nun sowohl Aeltern als Schüler allmählich einsehen, daß unser Vaterland bei der gegenwärtigen Aenderung der Dinge nicht mehr so vieler Studenten bedarf.

Aus Verschulden ward in diesem Jahre beinahe nur der 96te entlassen, im Jahre 1801 noch der 46te. Es hat sich also vielleicht auch die Moralität der Studirenden gebessert, oder die Schulen waren durch die zahlreichen Entlassungen des vorigen Jahres schon vom größeren Theile der Ausschweifenden gereinigt. Der Unfähigkeit wegen ward der 69te ausgemustert.

Gestorben sind dies Jahr 9, größtentheils wieder an Lungensucht und Auszehrung, den gewöhnlichen Folgen des jugendlichen Leichtsinns bei zu schnellen Abkühlungen erhitzter Körper.

Im Ganzen nimmt die Zahl der Studirenden, und folglich auch die ehemalige Studirsucht, sehr zweckmäßig für unsere Zeiten, merklich ab. Das Jahr 1802 zählte um 107 Studenten weniger, als das vorhergegangene, nähmlich um 51 weniger aus dem siegelmäßigen, und um 98 weniger aus dem Bürgerstande. Nur die Zahl der studirenden Bauernsöhne nahm um 22 zu; vielleicht weil sich der Vermögensstand der Bauern seit einigen Jahren bei den höhern Getreidepreisen u.s.a. merklich bessert.

Der Rest aller auf kurfürstl. Lyzeen und Gymnasien noch Fortstudirenden bestand am Ende des Schuljahres noch aus 834.

München, den 24sten Februar 1803
 
 

Die zweite Angabe aus dem Schuljahre 1803 hatte folgenden Inhalt:

Übersicht

des lateinischen Schulstandes in sämmtlichen Lyzeen und Gymnasien der oberen kurpfalzbaierischen Staaten im letztverflossenen Schuljahre 1803

Die kurfürstlichen Lyzeen zu München und Amberg erhielten im letztverflossenen Schuljahre, theils weil sich einige Kleriker der aufgehobenen Klöster genöthigt sahen, ihre Studien daselbst zu vollenden, theils weil der landesfürstlichen Verordnung gemäß, viele von denjenigen, welche bisher auf auswärtigen Schulen studirt hatten, wieder ins Vaterland zurückkehrten, einen außerordentlichen Zuwachs. Zu München hatte nähmlich die Theologie 73 Kandidaten, zu Amberg 77, und in den philosophischen Hörsählen der kurpfalzbaierischen Hauptstadt zählte man 168, in jenen der oberpfälzischen 71, folglich im Ganzen um 51 mehr, als im Jahre 1802.

Dagegen war die Zahl der Gymnasisten dieses Jahr um 125 geringer als im vorherigen. Das Gymnasium zu München hatte in allen Klassen nur 302 Schüler, Amberg 181, Straubing 103, Landshut 112, Neuburg 83, und in allen 5 lateinischen Schulhäusern befanden sich, die zwei Lyzeen mit eingeschlossen, bei Eröffnung der Schulen 1170 Studirende, nähmlich 232 von gefreiten oder siegelmäßigen Aeltern, 619 von bürgerlichen, und 319 aus dem Bauern- oder sogenannten gemeinen Stande, folglich im Ganzen um 74 weniger, als im Jahre 1802, und um 181 weniger als 1801.

Am Auffallendsten hat sich dieß Jahr in den Gymnasien die Zahl der Schüler vom letztern Stande vermindert, die um 70 weniger waren, als im Jahre 1802, größtentheils der nun bereits seit einem Jahre gänzlich aufgehobenen Kloster-Seminarien wegen, wo bekanntlich ehedem viele Dorfjungen ihren ersten lateinischen Unterricht erhielten, und woraus sie dann in die kurf. Gymnasien übertraten.

Eigentliche Ausländer befanden sich, da viele ehedem auswärtige Bezirke nun baierisch geworden sind, in allen Schulhäusern nur mehr 30. Im Jahre 1802 waren derselben noch 62.

Unter allen Kandidaten der Theologie zählte man wieder nur 3 Söhne siegelmäßiger Aeltern, und zwar in Amberg. 35 Theologen sind in den Priesterstand ausgetreten; 20 derselben haben in München ihre Studien vollendet, die übrigen 15 zu Amberg.

Die Universität zu Landshut erhielt am Ende dieses Schuljahres 19 Kandidaten der Rechte, 3 der Medizin, und 6 der Theologie. Zu den erstern lieferte das Lyzeum zu München allein 17, Amberg nur 2, und 1 Mediziner.

In den Soldatenstand giengen 5 über; 56 zu Künsten, 40 zu Professionen, und 54 in das neu errichtete Schullehrer-Institut, von welchem auch bereits 32, die sich daselbst durch Flei0, Geschicklichkeit, guten Wandel, und wiederholte zweckmäßige sowohl schriftliche als mündliche Prüfungen besonders ausgezeichnet haben, ihnen angemessene Schuldienste erhielten. 163 traten noch in verschiedene Stände aus, z.B. zur Handlung, zur Schreiberei, Chirurgie, Forstschule u.d.gl. Im Ganzen hat von allen Studirenden beinahe der vierte Theil die Studien verlassen.

Aus Verschulden wurden 22 entlassen, wegen Unfähigkeit 33. Die meisten Strafbaren fanden sich zu München und Landshut.

Gestorben sind an gewöhnlichen Krankheiten in allen 7, und davon zu München allein 5.

Nach Abzug aller Beförderten, freiwillig Ausgetretenen, Entlassenen und verstorbenen, besteht der Rest der noch Fortstudirenden in allen obengenannten lateinischen Schulhäusern aus 675. Das Schuljahr 1804 übernimmt also, den gewöhnlichen Zuwachs aus den Real-Klassen nicht dazu gerechnet, um 159 weniger, als das Jahr 1803 übernommen hatte.

München, den 4ten Februar 1804
 
 

Noch müssen wir die von dem überaus erfahrenen und berühmten Schulmanne, dem gelehrten Hrn. Joach. Schubauer, kurf.Schulen- und Studiendirectionsrathe, dem das lateinische Schulwesen in Baiern, Neuburg und in der obern Pfalz übertragen ist, entworfenen Schulgesetze hierhersetzen: indem sie eine vollständige, höchst trostreiche Uebersicht ertheilen, in welchem Geiste gegenwärtig das Erziehungsgeschäft in den kurf.Staaten betrieben werde:

Schulordnung 1803 (Gymnasien)

Schulordnung 1803 (Lyzeen)


Anmerkungen:
 

1)   vgl. Material 1

2)   vgl. Material 1, Material 2 und Material 3

3)   vgl. Material 4

4)   vgl. Material 5 und Material 6

5)   vgl. Material 7


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